Vorlesungsreihe "Interkulturelles Philosophieren: Theorie und Praxis.
Literatur, Kunst und interkulturelle Philosophie im Dialog".
Veranstaltung von WiGiP it Unterstützung der Stadt Wien Kultur, IWK und Institut für Interkulturelle Religionsphilosophie.
Die moderne Philosophie und Wissenschaft haben, so Milan Kundera in seinen berühmten
Essays über "Die Kunst des Romans", das Wesen des Menschen vergessen. Mit Cervantes,
dem Begründer des modernen Romans, ist jedoch nach Kundera eine große europäische
Kunst entstanden, die sich nichts anderes als die Erforschung dieses vergessenen Wesens
des Menschen zum Ziel setzt. In diesem Vortrag wird die Frage geprüft, ob und inwieweit
Kundera mit seiner Kritik an der modernen westlichen Philosophie Recht hatte. Da sich die
Philosophie im Westen seit den Tagen von Husserl und Heidegger, den primären
philosophischen Quellen von Kunderas Essays, verändert hat, stellt sich die Frage, ob sich in
der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zumindest bestimmte Stränge
philosophischen Denkens dem Roman angenähert haben. Schließlich wird der Blick auch auf
außereuropäische philosophische Traditionen ausgeweitet, um herauszufinden, ob gerade
sie – trotz Kunderas ausgeprägtem Eurozentrismus bei der Erörterung des Romans – doch
nicht viel mehr ein angemessenerer Partner für Kunderas Argumentation gewesen wären.
Ľubomír Dunaj ist Universitätsassistent am Institut für Philosophie an der Universität Wien
und Research Fellow am Institut für Philosophie an der Tschechischen Akademie der
Wissenschaften in Prag.